Ankommen im Hier und Jetzt – unser Thema im September 2017

Jede unserer Yogastunden beinhaltet neben den körperlichen Schwerpunkten der Yogapraxis auch ein spezifisches philosophisches Thema. In diesem Monat begleitet uns das Thema des Ankommens im Hier und Jetzt in unserem Yogaunterricht. Was es damit auf sich hat, möchte ich gerne etwas näher beschreiben.

“Ankommen? Im Hier und Jetzt? Kein Problem! Ich bin doch schon da!”

So, oder so ähnlich, könnten vielleicht die ersten Reaktionen lauten. Doch mal ehrlich: Wie oft sind wir zwar körperlich anwesend, und doch mit den Gedanken ganz woanders? Wie oft gelingt es uns, einmal ganz bewusst mit allen Sinnen und voller Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu sein?

Was ist das Hier?

Mit dem Begriff des “Hier seins” möchte ich zuvorderst die räumliche Dimension bezeichnen. Wir alle befinden uns just in diesem Moment an einem bestimmten Ort. Ich selbst sitze – während ich diesen Beitrag verfasse – an einem wunderschönen Sonntagmorgen an meinem Schreibtisch, auf meinem Bürostuhl, in meinem Büro in der Schillerstraße in Erfurt. Das ist mein persönliches Hier. Ich bin hier, und nicht woanders.

Wo befindest du dich, während du diese Zeilen liest?

Ankommen im Hier bedeutet für mich, dass ich den Ort, an dem ich mich im Moment befinde, ganz bewusst wahrnehme. Ich nehme den Stuhl wahr, auf dem ich sitze – oder den Boden, auf dem ich stehe, die Couch, auf der ich liege usw. – ich versuche, die Berührungsflächen meines Körpers mit den Unterlagen unter mir zu erspüren.

Dann lausche ich der Umgebung und ihren Geräuschen, spüre die Luft auf meiner Haut, die Gerüche, die mich umgeben.

Was ist das Jetzt?

Neben der räumlichen begegnet uns in dieser Begriffsfassung auch eine zeitliche Dimension, die ich mit dem Wort “Jetzt” beschreiben möchte. Das Jetzt ist der Moment, in dem wir verweilen. Es ist das Gegenwärtige, das uns in jedem Augenblick immer wieder neu begegnet.

Wie oft sind wir zwar körperlich an einem Ort präsent, doch in Gedanken ganz woanders? Zum Beispiel in dem, was war – in der Vergangenheit. Das was wir erlebten und erfuhren, bestimmt uns bis heute. Doch es ist geschehen. Es ist vergangen, und somit nicht mehr veränderbar.

Die Zukunft begegnet uns erst noch – heute, morgen, und in den nächsten Tagen, die auf uns warten. Und auch hier können wir die Dinge nicht beeinflussen. Wir können zwar die groben Weichen stellen; doch das, was geschehen wird, wird erst noch geschehen werden.

Somit ist die einzige Möglichkeit, wir wir die Gegebenheiten beeinflussen und verändern können, in der Gegenwart. Jetzt! Und hier!

Wir alle möchten unser Leben so vollständig wie möglich leben. Deshalb müssen wir lernen, dort zu sein, wo das Leben stattfindet, nämlich genau hier, jetzt. (Fred von Allmen)

Daher lohnt es sich überaus, im Hier und Jetzt verankert zu sein.

Das Hier und Jetzt in die Yogapraxis integrieren

Wie können wir diese Erfahrung – das Eins werden mit dem momentanen Augenblick – in die Yogapraxis integrieren?

Ich möchte dies in den nächsten Stunden auf zwei Wegen probieren. Einerseits über den körperlichen Aspekt. Wir werden wunderschöne Bewegungen und Haltungen einbauen, und ihnen immer wieder nachspüren. So lernen wir, den Geist an die Gegenwärtigkeit zu binden. Wir geben ihm die Möglichkeit, dass er immer wieder neu bei uns selbst ankommt.

Im Besonderen möchte ich dies an der Heldenstellung Vīrabhadrāsana II erfahrbar machen. Wir werden ihn zuerst detailliert aus- und einrichten, um dann die Qualitäten, die uns diese Heldenstellung vermitteln möchte, bewusst zu integrieren und zu spüren: Wir stehen gut verankert, finden Stabilität und Halt über die Füße, die Beine und das Becken. Und können uns dann in einem Gefühl der Freiheit und Leichtigkeit entfalten – sowie dem Blick und dadurch dem Geist einen klaren Fokus geben.

Andererseits möchte ich euch einladen, immer wieder neu mit der Atmung verbunden zu sein. Sie ist ein Tor, welches uns die Gegenwärtigkeit öffnet. Lasst uns spüren, wie wir atmen. Wie fühlt sie sich an? Wie verändert sie sich, während wir sie beobachten?

Wie atmest du jetzt, während du diese Zeilen liest?

Unsere Atmung trägt uns in das Hier und Jetzt hinein.

Ich wünsche euch allen ein schönes und gutes Ankommen.

Alles Liebe
Tobias.


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